Narzisst, Perfektionist oder Angsthase?
…oder ein wenig von allem?
Das Wort Narzissmus ist aktuell immer häufiger zu hören. Gerne in Verbindung mit bekannten Persönlichkeiten, meist männlichen.
Aber auch Chefs oder Partner werden schnell so bezeichnet.
Was genau macht eine narzisstische Persönlichkeit aus?
Laut Raphael M. Bonelli, Neurowissenschaftler und Psychiater, sind Narzissten Menschen, die zunächst mit ihrem Selbstbewusstsein und Charme beeindrucken. Doch ihre Geltungssucht wird zum Gefängnis, aus dem sie nicht ausbrechen können. Das zeigt sich besonders in der Liebe, die der Narzisst nur als Eigenliebe kennt.
Den Narzissten wird oft unbewusste Angst unterstellt, die sich in Minderwertigkeitskomplexen, einem fehlenden Selbstwertgefühl und mangelnder Eigenliebe ausdrückt.
Tatsächlich aber drehen sich die Gedanken der Narzissten nur verliebt um sich selbst. Sie denken nicht darüber nach, wie sie sich geben könnten, um beachtet und geliebt zu werden. Vielmehr sind sie völlig davon überzeugt, dass sie bereits etwas ganz Besonderes sind. Es ist für sie völlig selbstverständlich, dass andere sie lieben, bewundern, wertschätzen und zu ihnen aufschauen. Empathie zeigen sie meist nur den Menschen gegenüber, die ihnen in irgendeiner Form nützlich sind.
Tatsächlich tritt diese Persönlichkeitsstruktur verstärkt bei Männern auf.
Wie äußert sich Perfektionismus?
Oft sind es Frauen, die mehr zu einer perfektionistischen Persönlichkeit neigen, meist mit Ängsten verbunden, sich und anderen nicht zu genügen.
Die Gedanken der Perfektionisten kreisen angstvoll um sich selbst. Es ist ihnen sehr wichtig, was die Leute über sie sagen. Sie haben Angst nicht wertgeschätzt und geliebt zu werden. Sie versuchen, möglichst perfekt zu sein, um in den Augen der Mitmenschen optimal zu erscheinen. Doch gerade das macht es für andere so anstrengend.
Natürlich sind die Grenzen oft verschwommen und die Persönlichkeitsmerkmale vermischen sich. Jeder Mensch vereint bestimmte Anteile in verschiedenen Ausprägungen.
Kann man Narzissmus „heilen“?
Raphael Bonelli ist der Meinung, auch dem klassischen Narzissten ist es möglich, sich zu ändern und eine gesunde Empathie zu entwickeln, wenn er das will und Hilfe in Anspruch nimmt.
Das Problem liegt darin, dass von Menschen mit „Persönlichkeitsstörungen“ meist kein Grund zur Veränderung gesehen wird, es sei denn der Leidensdruck ist groß genug.